Von Elfenbeintürmen und Aschenputtel-Projekten
Thomas Bierhance
Thomas Bierhance

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Lesedauer: 4 Minuten

Von elfenbeintürmen und Aschenputtel-Projekten


Wie man den Grundstein für ein erfolgreiches Machine Learning-Projekt legt 

Fehlen Motivation, Fachwissen oder die Ausrichtung am Kundenbedarf, führen Machine Learning-Projekte schnell ins Abseits. Wir zeigen, wie man solide den Grundstein für ein Machine Learning-Projekt legt, das erfolgreich den echten Bedarf abdeckt und gern genutzt wird. Das kann dann der Auftakt für eine erfolgreiche Automatisierungs-Strategie sein.

Wie führt man mit dem richtigen Ansatz ein Machine Learning-Projekt erfolgreich zum Ziel? In der Praxis treffen wir immer wieder auf den Fall, dass große Mengen an Daten beim Kunden vorliegen und aufgrund des aktuellen KI-Hypes die Meinung vorherrscht: Das ist doch ein noch nicht gehobener Schatz! Wenn wir nur richtig suchen, dann werden wir schon auf das versteckte Firmengold stoßen. Nein, so wird das wahrscheinlich nichts. 

Es ist eher ein wenig wie beim Bouldern: Es kommt auf den richtigen Einstieg an, den richtigen Zugriff auf die eigentliche Aufgabe. Packt man zu Beginn gleich bei den Daten zu, verliert man häufig den Halt. Es wird im Datenheuhaufen gesucht, ohne zu wissen, wie die Nadel eigentlich aussieht. „Wir haben da einen Piloten laufen mit Unterstützung unserer Werkstudent:innen“ – das ist Verschleiß von Ressourcen und Motivation.

Genauso häufig begegnet uns, dass von einem Anwendungsfall aus gedacht wird. Hier ist die Erfolgswahrscheinlichkeit schon deutlich höher, vorausgesetzt, man stellt dazu Fragen wie:

Der Ausgang von einem Anwendungsfall kann ein Ansatzpunkt sein, erweist sich aber in unserer Praxis oft auch nicht als sichere Route.

Den richtigen Einstieg finden

Es ist so offensichtlich, dass es gerne übersehen wird – die erste Frage für ein erfolgreiches Machine Learning-Projekt sollte sein: „Was benötigen unsere internen oder externen Kunden?“ Häufig können die Kundenprobleme und -themen gut dargestellt werden, sodass der geübte Projektverantwortliche mit tiefergehenden Fragen den passenden Bedarf ableiten kann: „Ah ja, es geht also um Qualitätssicherung, gut. Was meinst du dabei genau: Geht es eher darum, mehr Objekte untersuchen zu können? Oder soll dies einfach schneller geschehen? Oder sollen Fehler, die aktuell immer wieder übersehen werden, früher erkannt werden?“ Eine gute Lösung lässt sich erst designen, wenn man den wirklichen Bedarf verstanden und herausgearbeitet hat.

Findet diese genaue Bedarfsbestimmung nicht statt, kommt es leider oft zu Elfenbeinturm-Lösungen: Das ist beispielsweise so, wenn digitale Innovationsteams aus der IT-Abteilung, getrieben von einer hohen Motivation und sehr guter technischer Expertise, gut funktionierende Prototypen entwickeln, die aber leider an den Bedürfnissen der potenziellen Nutzer:innen vorbeigehen und dementsprechend ein einsames Dasein im Elfenbeinturm fristen. Dann sucht die entwickelte Lösung nach dem passenden Problem – das funktioniert nicht.

Vom Wollen beim Können

Wenn die Route des Projektes und der Gipfel nicht besonders attraktiv sind, dann scheitern Machine Learning-Projekte auch an der fehlenden Motivation. Das sind Fälle, für die es einen Bedarf gibt und die gut zu den Fähigkeiten des Unternehmens passen, allerdings ist das Thema ungeliebt und dementsprechend fehlt es an Motivation. Fehlende Anreize aus der Unternehmensstrategie und Unternehmensleitung, Datenschutz oder Regionalfürsten, die auf ihren Daten sitzen können z.B. demotivierende Faktoren sein, die überwunden werden müssten. Finden sich keine prominenten Unterstützer:innen, führen solche Projekte meist eine Aschenputtel-Existenz. Damit ist die Gefahr verbunden, dass sich Machine Learning-Projekte ungewollt einen Ruf erwerben, der es noch schwerer macht, ein nächstes erfolgreich in Angriff zu nehmen.

Fazit: Die passende Route wählen

Erfolgreich sind Automatisierungsprojekte im Unternehmen, wenn sie bedarfsgerecht, kulturell, personell und vor allem auch fachlich angegangen werden. Teams, die ohne ausreichende Umsetzungs-Expertise Lösungen entwerfen oder sich von schlechten Beratern Szenarien erarbeiten lassen, die nur für Organisationseinheiten mit sehr viel mehr Geld, Personal oder Daten sinnvoll umsetzbar wären, haben ein unerreichbares Ziel vor Augen. Es bleibt dann bei Luftschloss-Lösungen.

Der richtige Einstieg in ein Machine Learning-Projekt gelingt also dann, wenn der wirkliche Bedarf geklärt wurde, die angestrebte Lösung relevant für das Unternehmen ist, sowie Motivation und fachliche Expertise ausreichend vorhanden sind.


Haben wir deine Neugierde geweckt?

Möchtest du dein Unternehmen durch Automatisierung effizienter gestalten? Unser Experte Thomas Bierhance (BCxP Practice Lead für Machine Learning & Data Science) berät dich gerne. Kontaktiere uns!